A. Das Gesetz der Erscheinung
1. Die Erscheinung ist das Existierende, vermittelt durch seine Negation, welche sein Bestehen ausmacht. Diese seine Negation ist zwar ein anderes Selbständiges; aber dies ist ebenso wesentlich ein aufgehobenes. Das Existierende ist daher die Rückkehr seiner in sich selbst durch seine Negation und durch die Negation dieser seiner Negation; es hat also wesentliche Selbständigkeit; so wie es gleich unmittelbar schlechthin Gesetztsein ist, das einen Grund und ein Anderes zu seinem Bestehen hat. - Fürs erste ist also die Erscheinung die Existenz zugleich mit ihrer Wesentlichkeit, das Gesetztsein mit seinem Grunde; aber dieser Grund ist die Negation, und das andere Selbständige, der Grund des ersten, ist gleichfalls nur ein Gesetztsein. Oder das Existierende ist als Erscheinendes in ein Anderes reflektiert und hat es zu seinem Grunde, welches selbst nur dies ist, in ein Anderes reflektiert zu sein. Die wesentliche Selbständigkeit, die ihm zukommt, weil es Rückkehr in sich selbst ist, ist um der Negativität der Momente willen die Rückkehr des Nichts durch Nichts zu sich selbst zurück; die Selbständigkeit des Existierenden ist daher nur der wesentliche Schein. Der Zusammenhang des sich gegenseitig begründenden Existierenden besteht darum in dieser gegenseitigen Negation, daß das Bestehen des einen nicht das Bestehen des anderen, sondern dessen Gesetztsein ist, welche Beziehung des Gesetztseins allein ihr Bestehen ausmacht. Der Grund ist vorhanden; wie er in seiner Wahrheit ist, nämlich ein Erstes zu sein, das nur ein Vorausgesetztes ist.
Dies macht nun die negative Seite der Erscheinung aus. Aber in dieser negativen Vermittlung ist unmittelbar die positive Identität des Existierenden mit sich enthalten. Denn es ist nicht Gesetztsein gegen einen wesentlichen Grund oder ist nicht der Schein an einem Selbständigen; sondern ist Gesetztsein, das sich auf ein Gesetztsein bezieht, oder ist ein Schein nur in einem Scheine. Es bezieht sich in dieser seiner Negation oder in seinem Anderen, das selbst ein Aufgehobenes ist, auf sich selbst; ist also mit sich identische oder positive Wesentlichkeit. - Dieses Identische ist nicht die Unmittelbarkeit, die der Existenz als solcher zukommt und nur das Unwesentliche ist, sein Bestehen in einem Anderen zu haben. Sondern es ist der wesentliche Inhalt der Erscheinung, welcher zwei Seiten hat, erstens in der Form des Gesetztseins oder der äußerlichen Unmittelbarkeit, zweitens das Gesetztsein als mit sich Identisches zu sein. Nach der ersten Seite ist er als ein Dasein, aber als ein zufälliges, unwesentliches, das nach seiner Unmittelbarkeit dem Übergehen, Entstehen und Vergehen unterworfen ist. Nach der andern Seite ist er die einfache, jenem Wechsel entnommene Inhaltsbestimmung, das Bleibende desselben.
Außerdem, daß dieser Inhalt überhaupt das Einfache des Vergänglichen ist, ist er auch bestimmter, in sich verschiedener Inhalt. Er ist die Reflexion der Erscheinung, des negativen Daseins, in sich, enthält also die Bestimmtheit wesentlich. Die Erscheinung aber ist die seiende vielfache Verschiedenheit, die sich in unwesentlicher Mannigfaltigkeit herumwirft; ihr reflektierter Inhalt dagegen ist ihre Mannigfaltigkeit, auf den einfachen Unterschied reduziert. Der bestimmte wesentliche Inhalt ist nämlich näher nicht nur bestimmt überhaupt, sondern als das Wesentliche der Erscheinung die vollständige Bestimmtheit: eines und sein Anderes. In der Erscheinung hat jedes dieser beiden sein Bestehen so in dem Anderen, daß es zugleich nur in dessen Nichtbestehen ist. Dieser Widerspruch hebt sich auf, und die Reflexion desselben in sich ist die Identität ihres beiderseitigen Bestehens, daß das Gesetztsein des einen auch das Gesetztsein des anderen ist. Sie machen ein Bestehen aus, zugleich als verschiedener, gegeneinander gleichgültiger Inhalt. In der wesentlichen Seite der Erscheinung ist somit das Negative des unwesentlichen Inhalts, sich aufzuheben, in die Identität zurückgegangen; er ist ein gleichgültiges Bestehen, welches nicht das Aufgehobensein, sondern vielmehr das Bestehen des Anderen ist.
Diese Einheit ist das Gesetz der Erscheinung.
2. Das Gesetz ist also das Positive der Vermittlung des Erscheinenden. Die Erscheinung ist zunächst die Existenz als die negative Vermittlung mit sich, so daß das Existierende durch sein eigenes Nichtbestehen, durch ein Anderes, und wieder durch das Nichtbestehen dieses Anderen mit sich vermittelt ist. Darin ist enthalten erstens das bloße Scheinen und das Verschwinden beider, die unwesentliche Erscheinung, zweitens auch das Bleiben oder das Gesetz; denn jedes der beiden existiert in jenem Aufheben des Anderen, und ihr Gesetztsein als ihre Negativität ist zugleich das identische, positive Gesetztsein beider.
Dies bleibende Bestehen, welches die Erscheinung im Gesetze hat, ist somit, wie es sich bestimmt hat, erstlich entgegengesetzt der Unmittelbarkeit des Seins, welche die Existenz hat. Diese Unmittelbarkeit ist zwar an sich die reflektierte, nämlich der in sich zurückgegangene Grund; aber in der Erscheinung ist nun diese einfache Unmittelbarkeit von der reflektierten unterschieden, welche im Dinge erst sich zu trennen anfingen. Das existierende Ding ist in seiner Auflösung dieser Gegensatz geworden; das Positive seiner Auflösung ist jene Identität des Erscheinenden als Gesetztseins mit sich in seinem anderen Gesetztsein. - Zweitens ist diese reflektierte Unmittelbarkeit selbst bestimmt als das Gesetztsein gegen die seiende Unmittelbarkeit der Existenz. Dies Gesetztsein ist nunmehr das Wesentliche und wahrhaft Positive. Der deutsche Ausdruck Gesetz enthält diese Bestimmung gleichfalls. In diesem Gesetztsein liegt die wesentliche Beziehung der beiden Seiten des Unterschiedes, die das Gesetz enthält; sie sind verschiedener, gegeneinander unmittelbarer Inhalt und sind dies als die Reflexion des der Erscheinung angehörigen, verschwindenden Inhalts. Als wesentliche Verschiedenheit sind die Verschiedenen einfache sich auf sich beziehende Inhaltsbestimmungen. Aber ebensosehr ist keine für sich unmittelbar, sondern jede ist wesentlich Gesetztsein oder ist nur, insofern die andere ist.
Drittens, Erscheinung und Gesetz haben einen und denselben Inhalt. Das Gesetz ist die Reflexion der Erscheinung in die Identität mit sich; so steht die Erscheinung als das nichtige Unmittelbare dem Insichreflektierten gegenüber, und sie sind nach dieser Form unterschieden. Aber die Reflexion der Erscheinung, wodurch dieser Unterschied ist, ist auch die wesentliche Identität der Erscheinung selbst und ihrer Reflexion, was überhaupt die Natur der Reflexion ist; sie ist das im Gesetztsein Identische mit sich und gleichgültig gegen jenen Unterschied, welcher die Form oder das Gesetztsein ist, - also ein Inhalt, der sich aus der Erscheinung in das Gesetz kontinuiert, der Inhalt des Gesetzes und der Erscheinung.
Dieser Inhalt macht hiermit die Grundlage der Erscheinung aus; das Gesetz ist diese Grundlage selbst, die Erscheinung ist derselbe Inhalt, aber enthält noch mehr, nämlich den unwesentlichen Inhalt ihres unmittelbaren Seins. Auch die Formbestimmung, wodurch die Erscheinung als solche von dem Gesetze unterschieden ist, ist nämlich ein Inhalt und gleichfalls ein vom Inhalte des Gesetzes unterschiedener. Denn die Existenz ist als Unmittelbarkeit überhaupt gleichfalls ein mit sich Identisches der Materie und Form, das gegen seine Formbestimmungen gleichgültig und daher Inhalt ist; sie ist die Dingheit mit ihren Eigenschaften und Materien. Aber sie ist der Inhalt, dessen selbständige Unmittelbarkeit zugleich nur als ein Nichtbestehen ist. Die Identität desselben mit sich in diesem seinem Nichtbestehen aber ist der andere, wesentliche Inhalt. Diese Identität, die Grundlage der Erscheinung, welche das Gesetz ausmacht, ist ihr eigenes Moment; es ist die positive Seite der Wesentlichkeit, wodurch die Existenz Erscheinung ist.
Das Gesetz ist daher nicht jenseits der Erscheinung, sondern in ihr unmittelbar gegenwärtig; das Reich der Gesetze ist das ruhige Abbild der existierenden oder erscheinenden Welt. Aber vielmehr ist beides eine Totalität, und die existierende Welt ist selbst das Reich der Gesetze, das als das einfache Identische, zugleich als in dem Gesetztsein oder in der sich selbstauflösenden Selbständigkeit der Existenz identisch mit sich ist. Die Existenz geht in das Gesetz als in seinen Grund zurück; die Erscheinung enthält dies beides, den einfachen Grund und die auflösende Bewegung des erscheinenden Universums, deren Wesentlichkeit er ist.
3. Das Gesetz ist also die wesentliche Erscheinung; es ist die Reflexion derselben in sich in ihrem Gesetztsein, der identische Inhalt seiner und der unwesentlichen Existenz. Erstlich ist nun diese Identität des Gesetzes mit seiner Existenz nur erst die unmittelbare, einfache Identität, und das Gesetz ist gleichgültig gegen seine Existenz; die Erscheinung hat noch einen anderen Inhalt gegen den Inhalt des Gesetzes. Jener ist zwar der unwesentliche und das Zurückgehen in diesen; aber für das Gesetz ist er ein Erstes, das nicht durch dieses gesetzt ist; er ist daher als Inhalt äußerlich mit dem Gesetze verbunden. Die Erscheinung ist eine Menge näherer Bestimmungen, die dem Diesen oder dem Konkreten angehören und nicht im Gesetze enthalten, sondern durch ein Anderes bestimmt sind. - Zweitens das, was die Erscheinung von dem Gesetze Verschiedenes enthält, bestimmte sich als ein Positives oder als ein anderer Inhalt; aber es ist wesentlich ein Negatives; es ist die Form und ihre Bewegung als solche, die der Erscheinung zukommt. Das Reich der Gesetze ist der ruhige Inhalt der Erscheinung; diese ist derselbe, aber sich im unruhigen Wechsel und als die Reflexion-in-Anderes darstellend. Sie ist das Gesetz als die negative, sich schlechthin verändernde Existenz, die Bewegung des Übergehens in Entgegengesetzte, des Sich-Aufhebens und des Zurückgehens in die Einheit. Diese Seite der unruhigen Form oder der Negativität enthält das Gesetz nicht; die Erscheinung ist daher gegen das Gesetz die Totalität, denn sie enthält das Gesetz, aber auch noch mehr, nämlich das Moment der sich selbst bewegenden Form. - Dieser Mangel ist drittens am Gesetze so vorhanden, daß dessen Inhalt nur erst ein verschiedener, damit ein gegen sich gleichgültiger ist, daher die Identität seiner Seiten miteinander nur erst eine unmittelbare und damit innere oder noch nicht notwendige ist. Im Gesetze sind zwei Inhaltsbestimmungen als wesentlich verbunden (z. B. im Gesetze der Bewegung des Falls die Raumgröße und die Zeitgröße; die durchlaufenen Räume verhalten sich wie die Quadrate der verflossenen Zeiten); sie sind verbunden; diese Beziehung ist nur erst eine unmittelbare. Sie ist daher gleichfalls nur erst eine gesetzte, wie in der Erscheinung das Unmittelbare überhaupt die Bedeutung des Gesetztseins erhalten hat. Die wesentliche Einheit der beiden Seiten des Gesetzes wäre ihre Negativität, daß nämlich die eine an ihr selbst ihre andere enthielte; aber diese wesentliche Einheit ist noch nicht am Gesetze hervorgetreten. (So ist es nicht im Begriffe des im Falle durchlaufenen Raumes enthalten, daß ihm die Zeit als Quadrat entspricht. Weil der Fall eine sinnliche Bewegung ist, ist er die Beziehung von Zeit und Raum; aber erstens liegt es in der Bestimmung der Zeit selbst nicht - d. h. wie die Zeit nach ihrer Vorstellung genommen wird -, daß sie sich auf den Raum bezieht, und umgekehrt; man sagt, man könne sich die Zeit sehr wohl ohne den Raum und den Raum ohne die Zeit vorstellen; das eine tritt also äußerlich zu dem andern hinzu, welche äußerliche Beziehung die Bewegung ist. Zweitens ist die nähere Bestimmung gleichgültig, nach welchen Größen sich in der Bewegung Raum und Zeit zueinander verhalten. Das Gesetz hierüber wird aus der Erfahrung erkannt; insofern ist es nur unmittelbar; es erfordert noch einen Beweis, d. h. eine Vermittlung für das Erkennen, daß das Gesetz nicht nur statthat, sondern notwendig ist; diesen Beweis und seine objektive Notwendigkeit enthält das Gesetz als solches nicht.) Das Gesetz ist daher nur die positive Wesentlichkeit der Erscheinung, nicht ihre negative, nach welcher die Inhaltsbestimmungen Momente der Form sind, als solche in ihr Anderes übergehen und an ihnen selbst ebensosehr nicht sie, sondern ihr Anderes sind. Im Gesetze ist also zwar das Gesetztsein der einen Seite desselben das Gesetztsein der anderen; aber ihr Inhalt ist gleichgültig gegen diese Beziehung, er enthält nicht an ihm selbst dies Gesetztsein. Das Gesetz ist daher wohl die wesentliche Form, aber noch nicht die in ihre Seiten als Inhalt reflektierte, reale Form
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