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Zweites Buch. Die Lehre vom Wesen

Erster Abschnitt: Das Wesen als Reflexion in ihm selbst
Erstes Kapitel: Der Schein
A. Das Wesentliche und das Unwesentliche
B. Der Schein
C. Die Reflexion
1. Die setzende Reflexion
2. Die äußere Reflexion
3. Die bestimmende Reflexion

Zweites Kapitel: Die Wesenheiten oder die Reflexionsbestimmungen
A. Die Identität
B. Der Unterschied
1. Der absolute Unterschied

2. Die Verschiedenheit
3. Der Gegensatz
C. Der Widerspruch

Drittes Kapitel: Der Grund
A. Der absolute Grund
a. Form und Wesen

b. Form und Materie
c. Form und Inhalt
B. Der bestimmte Grund
a. Der formelle Grund

b. Der reale Grund
c. Der vollständige Grund
C. Die Bedingung
a. Das relativ Unbedingte

b. Das absolute Unbedingte
c. Hervorgang der Sache in die Existenz

Zweiter Abschnitt: Die Erscheinung
Erstes Kapitel: Die Existenz
A. Das Ding und seine Eigenschaften
a. Ding-an-sich und Existenz
b. Die Eigenschaft
c. Die Wechselwirkung der Dinge
B. Das Bestehen des Dings aus Materien
C. Die Auflösung des Dings

Zweites Kapitel: Die Erscheinung
A. Das Gesetz der Erscheinung
B. Die erscheinende und die an sich seiende Welt
C. Auflösung der Erscheinung

Drittes Kapitel: Das wesentliche Verhältnis
A. Das Verhältnis des Ganzen und der Teile
B. Das Verhältnis der Kraft und ihrer Äußerung
a. Das Bedingtsein der Kraft
b. Die Sollizitation der Kraft
c. Die Unendlichkeit der Kraft
C. Verhältnis des Äußeren und Inneren

Dritter Abschnitt: Die Wirklichkeit
Erstes Kapitel: Das Absolute
A. Die Auslegung des Absoluten
B. Das absolute Attribut
C. Der Modus des Absoluten

Zweites Kapitel: Die Wirklichkeit
A. Zufälligkeit oder formelle Wirklichkeit, Möglichkeit und Notwendigkeit
B. Relative Notwendigkeit oder reale Wirklichkeit, Möglichkeit und Notwendigkeit
B. Relative Notwendigkeit oder reale Wirklichkeit, Möglichkeit und Notwendigkeit
C. Absolute Notwendigkeit

Drittes Kapitel: Das absolute Verhältnis
A. Das Verhältnis der Substantialität
B. Das Kausalitätsverhältnis
a. Die formelle Kausalität
b. Das bestimmte Kausalitätsverhältnis
c. Wirkung und Gegenwirkung
C. Die Wechselwirkung
 

Erstes Buch.
Die Lehre vom Sein

Womit muß der Anfang der Wissenschaft gemacht werden?

Zweites Buch.
Die Lehre vom Wesen
Die Wahrheit des Seins ist das Wesen.

Drittes Buch.
Die Lehre vom Begriff

 

Hegel
- Quellen und Volltexte

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G.W.F. Hegel
Die Wissenschaft der Logik
Erster Teil. Die objektive Logik
Zweites Buch. Die Lehre vom Wesen

Übersicht

C. Die Auflösung des Dings

Dieses Ding, wie es sich bestimmt hat als der bloß quantitative Zusammenhang der freien Stoffe, ist das schlechthin veränderliche.
Seine Veränderung besteht darin, daß eine oder mehrere Materien aus der Sammlung ausgeschieden oder zu diesem Auch hinzugefügt werden oder daß ihr Mengenverhältnis zueinander verändert wird. Das Entstehen und Vergehen dieses Dings ist die äußerliche Auflösung solcher äußerlichen Verbindung oder die Verbindung solcher, denen es gleichgültig ist, verbunden zu sein oder nicht.
Die Stoffe zirkulieren aus diesem Dinge unaufgehalten hinaus oder herein; es selbst ist die absolute Porosität ohne eigenes Maß oder Form.

So ist das Ding in seiner absoluten Bestimmtheit, wodurch es dieses ist, das schlechthin auflösbare. Diese Auflösung ist ein äußerliches Bestimmtwerden, so wie auch das Sein desselben; aber seine Auflösung und die Äußerlichkeit seines Seins ist das Wesentliche dieses Seins; es ist nur das Auch; es besteht nur in dieser Äußerlichkeit. Aber es besteht auch aus seinen Materien, und nicht nur das abstrakte Dieses als solches, sondern das ganze diese Ding ist die Auflösung seiner selbst. Das Ding ist nämlich bestimmt als eine äußerliche Sammlung selbständiger Materien; diese Materien sind nicht Dinge, sie haben nicht die negative Selbständigkeit, sondern sind die Eigenschaften als das Selbständige, nämlich das Bestimmtsein, das als solches in sich reflektiert ist. Die Materien sind daher zwar einfach und beziehen sich nur auf sich selbst, aber ihr Inhalt ist eine Bestimmtheit; die Reflexion-in-sich ist nur die Form dieses Inhalts, der nicht als solcher in sich reflektiert ist, sondern nach seiner Bestimmtheit sich auf Anderes bezieht.
Das Ding ist daher nicht nur das Auch derselben - die Beziehung derselben als gegeneinander gleichgültiger -, sondern ebensosehr ihre negative Beziehung; um ihrer Bestimmtheit [willen] sind die Materien selbst diese ihre negative Reflexion, welche die Punktualität des Dinges ist. Die eine Materie ist nicht, was die andere ist, nach der Bestimmtheit ihres Inhalts gegeneinander; und die eine ist nicht, insofern die andere ist, nach ihrer Selbständigkeit.

Das Ding ist daher so die Beziehung der Materien, aus denen es besteht, aufeinander, daß in ihm die eine und die andere auch bestehen, aber daß darin zugleich die eine nicht besteht, insofern die andere besteht. Insofern also die eine Materie in dem Dinge ist, so ist die andere dadurch aufgehoben; aber das Ding ist zugleich das Auch oder das Bestehen der anderen. In dem Bestehen der einen Materie besteht daher die andere nicht, und ebensosehr besteht sie auch in der ersteren, und so gegenseitig alle diese verschiedenen Materien. Indem also in derselben Rücksicht, als die eine besteht, auch die anderen bestehen, welches eine Bestehen derselben die Punktualität oder negative Einheit des Dings ist, so durchdringen sie sich schlechthin; und indem das Ding zugleich nur das Auch derselben und die Materien in ihre Bestimmtheit reflektiert sind, so sind sie gleichgültig gegeneinander und berühren sich in ihrer Durchdringung nicht.
Die Materien sind daher wesentlich porös, so daß die eine besteht in den Poren oder in dem Nichtbestehen der anderen; aber diese anderen sind selbst porös; in ihren Poren oder ihrem Nichtbestehen besteht auch die erste und alle die übrigen; ihr Bestehen ist zugleich ihr Aufgehobensein und das Bestehen von anderen, und dies Bestehen der anderen ist ebensosehr dieser ihr Aufgehobensein und das Bestehen der ersteren und auf gleiche Weise aller anderen. Das Ding ist daher die sich widersprechende Vermittlung des selbständigen Bestehens mit sich durch sein Gegenteil, nämlich durch seine Negation, oder einer selbständigen Materie durch das Bestehen und Nichtbestehen einer anderen.
- Die Existenz hat in diesem Dinge ihre Vollständigkeit erreicht, nämlich in einem an sich seiendes Sein oder selbständiges Bestehen und unwesentliche Existenz zu sein; die Wahrheit der Existenz ist daher, ihr Ansichsein in der Unwesentlichkeit oder ihr Bestehen in einem Anderen, und zwar dem absolut Anderen, oder zu ihrer Grundlage ihre Nichtigkeit zu haben. Sie ist daher Erscheinung.

 

Anmerkung

Es ist eine der geläufigsten Bestimmungen des Vorstellens, daß ein Ding aus vielen selbständigen Materien bestehe.
Einerseits wird das Ding betrachtet, daß es Eigenschaften habe, deren Bestehen das Ding ist. Andererseits aber werden diese verschiedenen Bestimmungen als Materien genommen, deren Bestehen nicht das Ding ist, sondern umgekehrt besteht das Ding aus ihnen; es selbst ist nur ihre äußerliche Verbindung und quantitative Grenze. Beides, die Eigenschaften und die Materien, sind dieselben Inhaltsbestimmungen, nur daß sie dort Momente, in ihre negative Einheit als in eine von ihnen selbst unterschiedene Grundlage, die Dingheit, reflektierte sind, hier selbständige Verschiedene, deren jedes in seine eigene Einheit mit sich reflektiert ist.
Diese Materien nun bestimmen sich ferner als selbständiges Bestehen; aber sie sind auch zusammen in einem Dinge.
Dieses Ding hat die zwei Bestimmungen, erstlich dieses zu sein und zweitens das Auch zu sein. Das Auch ist dasjenige, was in der äußeren Anschauung als Raumausdehnung vorkommt; Dieses aber, die negative Einheit, ist die Punktualität des Dinges.
Die Materien sind zusammen in der Punktualität, und ihr Auch oder die Ausdehnung ist allenthalben diese Punktualität; denn das Auch als Dingheit ist wesentlich auch als negative Einheit bestimmt. Wo daher die eine dieser Materien ist, in einem und demselben Punkte ist die andere; das Ding hat nicht an einem anderen Orte seine Farbe, an einem anderen seinen Riechstoff, an einem dritten seinen Wärmestoff usf., sondern in dem Punkte, in dem es warm ist, ist es auch farbig, sauer, elektrisch usw. Weil nun diese Stoffe nicht außereinander, sondern in einem Diesen sind, werden sie als porös angenommen, so daß die eine in den Zwischenräumen der anderen existiert. Diejenige, die sich in den Zwischenräumen der anderen befindet, ist aber auch selbst porös; in ihren Poren existiert daher umgekehrt die andere; aber nicht nur diese, sondern auch die dritte, zehnte usf. Alle sind porös, und in den Zwischenräumen einer jeden befinden sich alle anderen, wie sie sich mit den übrigen in diesen Poren einer jeden befindet. Sie sind daher eine Menge, die sich so gegenseitig durchdringt, daß die durchdringenden von den anderen ebenso durchdrungen werden, daß somit jede ihr eigenes Durchdrungensein wieder durchdringt. Jede ist als ihre Negation gesetzt, und diese Negation ist das Bestehen einer anderen; aber dies Bestehen ist ebensosehr die Negation dieser anderen und das Bestehen der ersten.

Die Ausrede, durch welche das Vorstellen den Widerspruch des selbständigen Bestehens der mehreren Materien in einem oder die Gleichgültigkeit derselben gegeneinander in ihrer Durchdringung abhält, pflegt bekanntlich die Kleinheit der Teile und der Poren zu sein. Wo der Unterschied-an-sich, der Widerspruch und die Negation der Negation eintritt, überhaupt wo begriffen werden soll, läßt das Vorstellen sich in den äußerlichen, den quantitativen Unterschied herunterfallen; in Ansehung des Entstehens und Vergehens nimmt es seine Zuflucht zur Allmählichkeit und in Ansehung des Seins zur Kleinheit, worin das Verschwindende zum Unbemerkbaren, der Widerspruch zu einer Verwirrung herabgesetzt und das wahre Verhältnis in ein unbestimmtes Vorstellen hinübergespielt wird, dessen Trübheit das sich Aufhebende rettet.

Näher aber diese Trübheit beleuchtet, so zeigt sie sich als der Widerspruch, teils als der subjektive des Vorstellens, teils als der objektive des Gegenstands; das Vorstellen selbst enthält vollständig die Elemente desselben. Was es nämlich erstlich selbst tut, ist der Widerspruch, sich an die Wahrnehmung halten und Dinge des Daseins vor sich haben zu wollen, und andererseits dem Nichtwahrnehmbaren, durch die Reflexion Bestimmten, sinnliches Dasein zuzuschreiben; - die kleinen Teile und Poren sollen zugleich ein sinnliches Dasein sein, und es wird von ihrem Gesetztsein als von derselben Weise der Realität gesprochen, welche der Farbe, Wärme zukommt.
Wenn ferner das Vorstellen diesen gegenständlichen Nebel, die Poren und die kleinen Teilchen, näher betrachtete, so erkennte es darin nicht nur eine Materie und auch deren Negation, so daß hier die Materie und daneben ihre Negation, der Poros, und neben diesem wieder Materie sich befände, sondern daß es in diesem Dinge 1. die selbständige Materie, 2. ihre Negation oder Porosität und die andere selbständige Materie in einem und demselben Punkte hat, daß diese Porosität und das selbständige Bestehen der Materien ineinander als in einem eine gegenseitige Negation und Durchdringen des Durchdringens ist. - Die neueren Darstellungen der Physik über die Verbreitung des Wasserdampfes in der atmosphärischen Luft und der Gasarten durcheinander heben eine Seite des Begriffs, der sich hier über die Natur des Dinges ergeben hat, bestimmter heraus. Sie zeigen nämlich, daß z. B. ein gewisses Volumen ebensoviel Wasserdampf aufnimmt, es sei leer von atmosphärischer Luft oder damit erfüllt; auch daß die Gasarten so sich ineinander verbreiten, daß jede für die andere so gut als ein Vakuum ist, wenigstens daß sie in keiner chemischen Verbindung miteinander sind, jedes ununterbrochen durch das andere mit sich kontinuierlich bleibt und sich in seiner Durchdringung mit den anderen gleichgültig gegen sie erhält. - Aber das weitere Moment im Begriffe des Dinges ist, daß im Diesen die eine Materie sich befindet, wo die andere, und das Durchdringende in demselben Punkte auch durchdrungen ist oder das Selbständige unmittelbar die Selbständigkeit eines Anderen ist. Dies ist widersprechend; aber das Ding ist nichts anderes als dieser Widerspruch selbst; darum ist es Erscheinung. 

Eine ähnliche Bewandtnis, als es mit diesen Materien hat, hat es im Geistigen mit der Vorstellung der Seelenkräfte oder Seelenvermögen. Der Geist ist in viel tieferem Sinne Dieses, die negative Einheit, in welcher sich seine Bestimmungen durchdringen. Aber als Seele vorgestellt, pflegt er häufig als ein Ding genommen zu werden. Wie man den Menschen überhaupt aus Seele und Leib bestehen läßt, deren jedes als ein Selbständiges für sich gilt, so läßt man die Seele aus sogenannten Seelenkräften bestehen, deren jede eine für sich bestehende Selbständigkeit hat oder eine unmittelbare, für sich nach ihrer Bestimmtheit wirkende Tätigkeit ist.
Man stellt sich so vor, daß hier der Verstand, hier die Einbildungskraft für sich wirke, daß man den Verstand, das Gedächtnis usf. jede für sich kultiviere und einstweilen die anderen Kräfte in Untätigkeit linker Hand liegen lasse, bis die Reihe vielleicht, vielleicht auch nicht, an sie komme. Indem sie in das materiell-einfache Seelending verlegt werden, welches als einfach immateriell sei, so werden die Vermögen zwar nicht als besondere Materien vorgestellt; aber als Kräfte werden sie gleich indifferent gegeneinander angenommen als jene Materien. Aber der Geist ist nicht jener Widerspruch, welcher das Ding ist, das sich auflöst und in Erscheinung übergeht; sondern er ist schon an ihm selbst der in seine absolute Einheit, nämlich den Begriff zurückgegangene Widerspruch, worin die Unterschiede nicht mehr als selbständige, sondern nur als besondere Momente im Subjekte, der einfachen Individualität, zu denken sind.

 

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Manfred Herok  2013

 

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